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JUST – junge Menschen mental stärken
Die Schwestern Tatjana Bittner-Mühl und Lorena Bittner gründeten 2019 das Gesundheitsunternehmen JUST your mindset. Es bietet Schulen, Vereinen und Unternehmen Präventionsmaßnahmen zur Stärkung der psychischen Gesundheit und Förderung der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen an. Wir sprachen mit Tatjana Bittner-Mühl über das soziale Engagement von JUST.
BKKiNFORM: Wie hat alles angefangen mit JUST your mindset?
Tatjana Bittner-Mühl: Mit nur 16 und 18 Jahren wurden wir als Schwestern aktiv, um uns für Präventionsarbeit einzusetzen. Aufgrund von zwei dramatischen Schicksalsschlägen, dem Tod zweier Freunde, setzen wir uns seitdem für die Stärkung der mentalen Gesundheit bei jungen Menschen ein. JUST steht für JUgend STärken. Es ist für uns ein absolutes Herzensprojekt, für das wir jeden Tag kämpfen.
Welches Ziel verfolgen Sie?
Tatjana Bittner-Mühl: In unserer heutigen Zeit ist der soziale und psychische Druck, dem junge Menschen ausgesetzt sind, enorm. Das macht es vielen schwer, ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Zukunftsängste in unserer krisengeplagten Zeit erschweren zusätzlich eine gesunde Identitätsentwicklung. Gleichzeitig gibt es zu wenig Präventionsangebote. Das wollen wir ändern! Unsere Jugend muss schon während der Schulzeit gestärkt werden – bevor psychische Erkrankungen überhaupt entstehen können. Etwa drei Viertel der psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 24. Lebensjahr.
Welche Angebote machen Sie jungen Menschen?
Tatjana Bittner-Mühl: In Zusammenarbeit mit der R+V BKK bieten wir Schulen kostenfrei unseren Online-Kurs JUST GROW für Jugendliche an. Hinzu kommen Vorträge von professionellen Speakern zu Themen wie mentale Stärke und Resilienz. Uns ist vor allem wichtig, unsere junge Zielgruppe auf Augenhöhe zu erreichen. Das ist unsere Stärke. Aufgrund unseres jungen Alters haben wir eine direkte Verbindung und sprechen die Sprache der Jugendlichen. Wir erreichen sie dort, wo sie sich mental und emotional befinden. Das ist das A und O, um mit JUST erfolgreich zu sein.
Was erleben die Jugendlichen im Online-Kurs?
Tatjana Bittner-Mühl: Im Online-Kurs teilt Fußballprofi und Ex-FC-Bayern-Spieler Christian Früchtl exklusive Einblicke, wie er mit Drucksituationen und Rückschlägen umgeht, Selbstsicherheit vor Prüfungen erlangt und vieles mehr. Anschließend vermittelt Psychologin Eva Dendl wissenschaftlich fundierten Inhalt auf Augenhöhe und gibt wertvolle Tipps für den Schulalltag.
Wie sehen Sie die Bereitschaft Jugendlicher, über psychische Probleme oder Stress in der Schule oder zu Hause offen zu reden?
Tatjana Bittner-Mühl: Von Anfang an – also bereits vor der Pandemie – erleben wir eine große Offenheit für dieses sensible Thema seitens vieler Jugendlicher. Die GenZ geht ganz offen mit mentaler Gesundheit um und redet über ihre Probleme und Erkrankungen. Das finden wir sehr gut, denn es zeigt, dass viele junge Menschen verstanden haben, wie wichtig es ist, sich frühzeitig um das Thema Persönlichkeitsentwicklung zu kümmern. Unsere Präventionsangebote unterstützen sie dabei und zielen darauf ab, die Resilienzfähigkeit zu stärken, bevor eine Erkrankung entstehen kann.
Homeschooling und Kontakteinschränkungen während der Corona-Pandemie haben vor allem viele junge Menschen stark belastet. Spielt das Thema bei Ihrer Arbeit eine Rolle?
Tatjana Bittner-Mühl: Ja, die Pandemie hat gerade in unserer Generation sehr tiefe Spuren hinterlassen. Wir haben damals als kleines Start-up schnell gehandelt und Befragungen bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern in der Region Nürnberg durchgeführt, um die emotionale Lage einschätzen zu können und schnellstmöglich bedürfnisorientierte Angebote zu kreieren. Sehr viele gaben an, besonders schlimm unter Zukunftsangst und Einsamkeit zu leiden. Wir organisierten damals sofort kostenfrei Online-Workshops, die wir gemeinsam mit dem Fußballverein 1. FC Nürnberg durchführten. Außerdem passten wir unser Programm an und erstellen seitdem Online-Kurse, um alle Jugendlichen noch besser erreichen zu können. Das hat sich bis heute bewährt und als erfolgreich erwiesen.
Vermissen Sie in unserer Gesellschaft eine Aufarbeitung dessen, was während der Pandemie geschehen ist, und würde das jungen Menschen helfen?
Tatjana Bittner-Mühl: Definitiv. Mit Schulschließungen, Kontaktverboten zu Gleichaltrigen und weiteren heftigen Einschränkungen litt die Generation Z am stärksten unter den Maßnahmen der Pandemie. In den meisten Fällen wurde nach der Pandemie einfach so weitergemacht wie zuvor, ohne das Erlebte aufzuarbeiten. Der versäumte Lehrstoff in den Schulen ist nur ein kleiner Teil der Corona-Folgen. Viel dramatischer finden wir die mentale Situation: Bei vielen hat die Pandemie tiefe Spuren hinterlassen.
Was können Schulen besser machen, um Jugendliche in ihrer Entwicklung zu unterstützen?
Tatjana Bittner-Mühl: Unser Angebot JUST GROW nutzen. Es ist unkompliziert zu implementieren und kostenfrei. Außerdem bekommen Multiplikatoren ein Strategiehandbuch zur Umsetzung, und wir als Ansprechpartner sind direkt erreichbar bei Fragen und Co.
Man liest und hört ja oft, die GenZ sei so und so, etwa, dass Karriere und Geld für sie nicht das Wichtigste im Leben seien. Wie würden Sie die aktuelle Generation junger Menschen beschreiben?
Tatjana Bittner-Mühl: Wir hören leider oft negative Vorurteile wie, sie seien faul, egoistisch und nicht engagiert. Unserer Meinung nach ist die Generation Z besonders kreativ, innovativ und hat ein starkes Verlangen nach Selbstverwirklichung, was eine tolle Eigenschaft ist. Sie geht Wege neu und denkt Dinge anders. Sie strebt nach Sinnhaftigkeit und Erfüllung. Werte wie Familie, Freiheit und Gesundheit stehen an oberster Stelle. Diese und weitere Faktoren wie Flexibilität und Work-Life-Balance sind zum Beispiel wichtige Wünsche der GenZ, die Arbeitgeber und Co. kennen sollten, wenn sie mit ihr arbeiten.
Sind Krankenkassen für Sie wichtige Kooperationspartner?
Tatjana Bittner-Mühl: Krankenkassen sind für uns sehr wichtige Kooperationspartner, da sie Schülerinnen und Schülern den kostenfreien Zugang zu unseren Angeboten überhaupt erst ermöglichen.
Wie läuft die Kooperation mit der R+V BKK ab?
Tatjana Bittner-Mühl: Die R+V BKK hat die Erstellung des Online-Kurses überhaupt erst ermöglicht. Da wir mit ausgewählten Psychologinnen und Psychologen und weiteren externen Dienstleistern zusammenarbeiten, hat sie uns finanziell unterstützt. Wir konnten unser Konzept bundesweit ausrollen. Die Zahl der Schulen, die JUST nutzen, wächst stetig.
Haben Sie Pläne, Ihre Angebote für Jugendliche weiterzuentwickeln?
Tatjana Bittner-Mühl: Wir wollen gemeinsam mit der R+V BKK noch mehr Jugendliche erreichen und unsere Angebote immer weiter optimieren. An dieser Stelle gilt unser besonderer Dank Katja Alff, der Referentin für Gesundheitsprävention der R+V BKK, und Thomas Schaaf, R+V BKK-Vorstand, für die großartige Zusammenarbeit. Sie haben von Anfang an an unsere Ideen geglaubt.
Vielen Dank für das Interview, Frau Bittner-Mühl!
Das Präventionsangebot JUST GROW
Schulen, Vereine und Unternehmen, die sich für den Online-Kurs JUST GROW und weitere Präventionsangebote interessieren, können sich per Mail (office@justyourmindset.com) an JUST your mindset wenden.
Tatjana Bittner-Mühl (links) und Lorena Mühl
Tatjana Bittner-Mühl und Lorena Bittner über JUST.