GesundesWissen
Das muss wohl am Wetter liegen!
Miese Laune, Kopfschmerzen und Müdigkeit – manchmal liegt es am Wetter. Vor allem dann, wenn es sich gerade ändert. Einer bundesweiten Studie des Deutschen Wetterdienstes zufolge kennt jeder Zweite das Phänomen der Wetterfühligkeit. Was das ist, dem ist Birgit Weidt, Journalistin und Reisebuchautorin, auf den Grund gegangen.
Klar, das mit dem Wetter kann manchmal ganz schön nerven. Dann, wenn graue Wolken die Sonne verdecken, es fast so aussieht, als würden dicke, tiefhängende Nebelbatzen pappig über den Gehsteig wabern. Dann, wenn kein Lüftchen sich regt und es scheint, als würde der Himmel sich auf dem Kopf abstützen. Dann ist nicht nur Migräne meine treue Begleiterin, sondern das sind auch jene Tage, an denen meine Hand schmerzt. Genauer gesagt, meine eine Narbe zieht und juckt. Vor Jahren hatte ich mir beim Sturz mit dem Fahrrad eine Wunde zugezogen, die zwar gut verheilt ist, doch Wetterfrosch spielt, sobald eine Kaltfront naht oder ein Gewitter aufzieht.

Früher, wenn meine Tante klagte, sie spüre ihren Ischiasnerv und das würde wieder am Wetter liegen, hielt ich das für Spinnerei. Spinne ich nun selbst? „Nein“, sagt Biometeorologe Andreas Matzarakis, Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes in Freiburg. „Nach einer Verletzung können sich die Nervenfasern der Haut verändern. Vernarbte Haut reagiert empfindlicher und schneller auf Luftdruckveränderungen als gesunde Haut.“ Studien belegen, dass die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland auf klimatische Veränderungen mit mehr oder weniger starken Beschwerden reagiert – auch ohne Narben. Ein Fünftel der Bundesbürger gibt sogar an, dass ihnen so ein Wetterwechsel ziemlich zu schaffen macht. Vor allem sind es Tiefdruckgebiete, die Beschwerden auslösen beziehungsweise verstärken.
Wetterfühligkeit ist laut Expertenmeinung ein wissenschaftlich nachgewiesenes Phänomen. Da wir keine Sensoren, also kein eigenständiges Messorgan für Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck haben, geschieht das größtenteils über die Haut. Unser Körper ist hochsensibel, spürt bereits einen Unterschied von drei Grad und reagiert besonders empfindlich, wenn Temperaturen sinken. Ein Abfall von 25 Grad auf 18 Grad „juckt uns nicht“ sonderlich, das schnelle Abrutschen auf 15 Grad dagegen schon. „Ein plötzlicher Temperaturrückgang verengt die peripheren Blutgefäße“, so Matzarakis. „Der Körper sorgt dafür, dass weniger Wärme nach außen abgegeben wird. Aufgrund dieses Zusammenschnürens der Blutgefäße und des vermehrten Widerstands der nun eng gestellten Arterien steigt der Blutdruck.“ Und ein erhöhter Blutdruck, der vom Körper normalerweise ausgeglichen wird, kann sich weiter erhöhen und gesundheitliche Probleme hervorrufen.
Dazu müssen wir gar nicht mal draußen sein! Wir spüren, was los ist, sogar auch dann, wenn wir zu Hause sind, denn Luftdruckveränderungen machen nicht an der Wohnungstür halt. Luft ist ja überall, sie besteht aus winzig kleinen Teilchen und wiegt was. Ein Kubikmeter Luft zum Beispiel bringt es auf etwa 1,3 Kilo. Dieses Gewicht der Luft übt Druck auf Flächen aus, auch in Innenräumen.
Woran liegt es eigentlich, dass Frauen zumeist empfindlicher auf Wetterumschwünge reagieren als Männer? „Weibliche Haut ist dünner als männliche, deshalb verlieren wir über sie schneller Wärme,“ so Prof. Angela Schuh, Leiterin des Fachbereichs für Medizinische Klimatologie, Kurortmedizin und Prävention an der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Und dadurch, über die sogenannten Thermofühler, spüren Frauen Wetterveränderungen deutlich.“ Das nimmt mit dem Alter zu, denn der Körper verändert sich und der Kreislauf braucht mehr Zeit, sich an die jeweiligen Umweltbedingungen anzupassen. Manchmal können unterschiedlichste Witterungen das körperliche Gleichgewicht stören, die Beweglichkeit der Gelenke einschränken und Schmerzen verursachen. Ein Umschwung zu feucht-kaltem Wetter belastet den Organismus, es kann zu Atembeschwerden kommen oder zur Verschlimmerung von Entzündungen, sehr oft ist das zum Beispiel bei Arthritis der Fall. Es gibt aber auch ein anderes, spezielles Phänomen, das ist der Fön. Da wird es plötzlich ungewöhnlich warm und trocken, heftige Veränderungen der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und des Luftdrucks sind die Folge. Wetterfühlige Menschen haben bei Föhn häufig Beschwerden, sie sind müde, klagen über Kopfschmerzen, schlafen schlecht und sind gereizt.

Was tun? Auch wenn das Wetter uns dann und wann zu schaffen macht, sind wir dem nicht vollends ausgeliefert. Experten raten zur Abhärtung. „Kalt-Warm-Duschen, Kneippsche Anwendungen, Saunabesuche helfen dem Körper, Temperaturwechsel zu trainieren und sich schneller auf Veränderungen einzustellen. Es bringt schon etwas, sich täglich die Unterarme kalt abzubrausen“, so Schuh. „Der wesentliche Effekt wird nämlich durch das Zusammenziehen und Dehnen der Blutgefäße erzielt.“ Was besonders guttut, ist die Bewegung an der frischen Luft. Sie stärkt das Immunsystem sowie Herz und Kreislauf. Die Bandbreite ist groß: Spazieren gehen, wandern, walken, Rad fahren, schwimmen. „Während dieser Aktivitäten kommt es darauf an, die körperliche Belastung möglichst lange durchzuhalten,“ sagt Schuh. „Der Körper soll dabei lernen, seine durch die Verbrennung von Sauerstoff hervorgerufene aerobe Energiebereitstellung unter der Belastung zu vergrößern und den Zeitpunkt der anaeroben Energiegewinnung zu verzögern. Effektiv ist ein Ausdauertraining von 20 bis 40 Minuten, drei Mal pro Woche, an der frischen Luft.“
Also sollte der Weg so oft wie möglich nach draußen führen. Und auch wer „nur“ spazieren geht, sollte sich so leicht wie möglich anziehen, ohne jedoch zu frieren: Es ist unter gesundheitlichen Aspekten positiv, wenn die Hauttemperatur sinkt, die Blutgefäße sich dann zusammenziehen und das Blut stärker in die arbeitende Muskulatur geleitet wird. Diese wird somit besser mit Sauerstoff versorgt, was die Leistungsfähigkeit steigert. Auch mit 60 oder 70 Jahren ist das eine Investition in die Zukunft! Nun ist der Spaziergang in luftiger Kleidung kein Allheilmittel bei heftigen Beschwerden, aber alltagstauglich und wohltuend. Zusätzlich empfiehlt Schuh bei Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen Melissen- und Kamillentees, Baldrian und Johanniskrauttropfen oder ein Bad mit Lavendelzusatz.
Was kann noch helfen? Zum Beispiel eine Fahrt an die Ost- oder Nordsee, möglichst für mehrere Wochen. Küstenluft tut gut, vor allem durch die geringen Schwankungen von Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit. Und dadurch, dass uns da ordentlich der Wind um die Nase weht, zumeist jedenfalls stärker als daheim. Das Seeklima fördert die körpereigene Wärmeregulation und regt Stoffwechsel und Kreislauf an. Wer die See nicht mag: Eine Tour ins Mittelgebirge tut es auch. Generell stimuliert ein Ortswechsel den Körper, er wird herausgefordert, sich an unterschiedliche Wetterlagen anzupassen.
Wenn jedoch Beschwerden bei Wetterumschwüngen wiederkehren und heftig sind, lässt sich das am besten mit dem Hausarzt besprechen. Es kann ja auch sein, dass sich hinter den Symptomen eine Erkrankung oder hormonelle Schwankung verbirgt. Nun, trotz all der Beschwerden, die Wetterumschwünge so mit sich bringen können, sollten wir eins nicht vergessen: So sehr wir Hochdruckgebiete herbeisehnen und Sonnenschein ja auch so guttut – ein ewiges Hoch würde uns mit großer Wahrscheinlichkeit leider aufs Gemüt schlagen. „Wir brauchen den zyklischen Takt der Jahreszeiten, um uns zu regenerieren,“ sagt Matzarakis. „Das ist eigentlich auch eine schöne Herausforderung. Das Wetter lässt sich ja nicht ändern, aber wir können lernen, Umschwünge nicht nur als Belastung zu sehen, sondern auch als etwas Anregendes!“
Wetterfühligkeit kurz erklärt

Irgendein Wetter ist immer. Und wir alle müssen darauf reagieren, vor allem bei Wetterumschwüngen, damit unsere Organe optimal funktionieren. Beispielsweise muss unsere Körpertemperatur auf 37 °C gehalten werden. Auf Temperatur- und Wetteränderungen reagiert unser Körper mit Regulationen des vegetativen Nervensystems. Die wirken sich unter anderem auf das hormonelle Geschehen aus. Ob diese Anpassungsvorgänge unbemerkt verlaufen oder unser Befinden beeinträchtigen und wir von Wetterfühligkeit sprechen, hängt von der individuellen Anpassungsfähigkeit des Organismus und von der Art und Intensität des Wettereinflusses ab. Wetterwechsel machen nicht krank, können sich aber auf das Wohlbefinden auswirken, besonders, wenn durch Erkrankungen die Regulationsfähigkeit eingeschränkt ist, wie bei zu niedrigem oder zu hohem Blutdruck. Häufige Symptome sind Kopfschmerzen und Migräne, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Gelenkschmerzen und Schlafstörungen.
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Über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Leistungen informieren wir Sie unter den oben angegebenen Verlinkungen und gerne auch persönlich (Tel. 0611 99909-0).
Informationen des DWD für Wetterfühlige
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) veröffentlicht auf seiner Website tagesaktuell sogenannte Gefahrenindizes für Wetterfühlige, die auf wetterbedingte Stressfaktoren hinweisen. Besonders berücksichtigt werden dabei verschiedene Beschwerden wie Herz-Kreislauferkrankungen, rheumatische und Atemwegserkrankungen sowie die allgemeine Beeinträchtigung des Wohlbefindens.