GesundesWissen

Der Beckenboden – die Basis für eine stabile Mitte

In unserem hektischen Alltag, geprägt von langen Arbeitsstunden und sitzenden Tätigkeiten mit wenig Bewegung, wird oft vergessen, wie wichtig ein starker und gesunder Beckenboden für unser Wohlbefinden ist. Jutta Stallmann, Physiotherapeutin und betriebliche Gesundheitsmanagerin, stellt drei Übungen für ein gezieltes Beckenboden-Training vor.

Langes Sitzen beansprucht den Beckenboden stark, weil es zu einer dauerhaften Druckbelastung auf diese Muskelgruppe führt. Diese kontinuierliche Belastung kann die Muskeln schwächen und ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigen. Zudem wird die Durchblutung im Beckenbereich verringert, was zu Verspannungen und einer verminderten Sauerstoffversorgung der Muskeln führen kann. Dadurch können langfristig Probleme wie Inkontinenz, Schmerzen und eine allgemeine Verschlechterung der Beckenbodenmuskulatur auftreten.

Funktionen des Beckenbodens

Der Beckenboden ist eine wichtige Muskelgruppe, die den unteren Teil des Beckens auskleidet und die inneren Organe stützt, einschließlich Blase, Darm und bei Frauen die Gebärmutter. Seine Hauptfunktionen sind:

  • Unterstützung und „Halten“ der Organe in Bauch und Becken,
  • Kontinenz durch Kontrolle der Harn- und Stuhlausscheidung,
  • stabilisierende Unterstützung der Wirbelsäule und des Rumpfes,
  • sexuelle Funktion und Empfindung.

Übung 1 – Die Murmel

  • Aufrechter Sitz auf einem Stuhl oder Hocker. Die Füße sind hüftbreit aufgestellt.
  • Kippen Sie Ihr Becken, so dass die Lendenwirbelsäule ein Hohlkreuz formt. Dann bewegen Sie das Becken in die Gegenrichtung und ziehen Sie das Schambein zum Bauchnabel, so dass sich der untere Rücken rundet. Für die Übung finden Sie die Mitte zwischen den zwei Bewegungen und halten diese stabil.
  • Spüren Sie Ihre Sitzbeinhöcker auf der Sitzfläche und ziehen Sie die Sitzbeinhöcker während der Ausatmung zueinander.
  • Stellen Sie sich vor, Sie greifen zwischen den Sitzbeinhöckern eine Murmel und ziehen diese in das Becken hinein. Zusätzlich ziehen Sie den Bauchnabel Richtung Wirbelsäule und halten die Spannung für ca. 5-8 Sekunden.
  • Anschießend lassen Sie die Murmel langsam wieder los.

Übung 2 – Die Beckenschaukel auf allen Vieren

  • Die Hüften stehen über den Knien, die Schultern über den Ellbogen und das Körpergewicht ist gleichmäßig auf allen Vieren verteilt.
  • Jetzt bewegen Sie Ihr Steißbein in Richtung des Bodens und der Füße. Die Lendenwirbelsäule rundet sich zum „Buckel“ und das Becken richtet sich auf.
  • Anschließend bewegen Sie Ihr Steißbein in die umgekehrte Richtung zum Hinterkopf – das Becken wird dabei gekippt.
  • Wenn diese Bewegung gut klappt, atmen Sie aus, wenn Sie Ihr Becken aufrichten und den Beckenboden anspannen, dann weiteratmen und die Spannung mehrere Atemzüge lang halten. Dann wieder lockern und das Becken kippen.

Übung 3 – Die Brücke

  • Die Beine sind in Rückenlage angewinkelt und die Füße stehen hüftbreit und drücken in den Boden.
  • Spannen Sie jetzt den Beckenboden an und rollen Sie Wirbel für Wirbel den unteren Teil der Wirbelsäule auf, bis der Po in der Luft hängt. Halten Sie die Spannung in dieser Position über mehrere Atemzüge.
  • Danach Spannung lösen und langsam wieder Wirbel für Wirbel nach unten abrollen.

Wiederholen Sie jede Übung zehn bis 15 Mal und machen Sie idealerweise täglich drei Durchgänge.

Gute Gründe für ein Beckenbodentraining

Vorbeugung von Inkontinenz: Ein starker Beckenboden hilft, die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern, und kann sowohl Harn- als auch Stuhlinkontinenz verhindern oder lindern.

Vermeidung von Rückenschmerzen: Ein gut trainierter Beckenboden trägt zur Stabilität und Kraft des gesamten Rumpfes bei, was die allgemeine Körperhaltung verbessert und hilft, Rückenschmerzen zu reduzieren oder zu vermeiden.

Druckausgleich im Bauchraum: Ein starker Beckenboden hilft, Druck im Bauchraum – etwa beim Husten, Niesen, Lachen, schwerem Heben oder Pressen beim Stuhlgang – besser standzuhalten.

Vorteile für Frauen

  • Nach Schwangerschaft und Geburt unterstützt Beckenbodentraining die Rückbildung und stärkt die Muskulatur, um eine schnelle und effektive Erholung zu fördern.
  • Regelmäßiges Training kann helfen, eine Senkung der Gebärmutter sowie anderer Beckenorgane zu verhindern, was besonders nach den Wechseljahren wichtig ist.
  • Ein kräftiger Beckenboden kann die sexuelle Empfind- samkeit und das Lustempfinden steigern und somit zu einem erfüllteren Sexualleben beitragen.

Vorteile für Männer

  • Besonders nach Prostata-Operationen kann Beckenbodentraining den Heilungsprozess unterstützen und die Blasenfunktion verbessern.
  • Ein kräftiger Beckenboden kann die Erektionsfähigkeit unterstützen und Ejakulationsprobleme verhindern, was zu einem erfüllteren Sexualleben beiträgt.

Physio-Tipp für Männer

  • Das erste Training absolvieren Männer am besten vor einer Prostata-OP, um die Wahrnehmung vorab zu schulen. Somit fällt das Üben nach der Operation deutlich leichter.
  • Für Frauen empfiehlt es sich schon während der Schwangerschaft mir einem leichten Beckenbodentraining anzufangen, da durch den Druck des Babys auf den Beckenboden dieser besonders beansprucht wird. Die Zeit nach der Geburt ist für die Mutter aufregend und es bleibt wenig Zeit sich um sich selbst zu kümmern – gerade jetzt ist es jedoch wichtig, einen Rückbildungskurs zu besuchen und das Beckenbodentraining auch danach regelmäßig fortzuführen.
  • Beckenbodentraining lässt sich einfach in den Alltag integrieren. Die Wartezeit an der Kasse oder Bushaltestelle lassen sich wunderbar für ein paar Anspannungsübungen nutzen – lieber häufig anstatt lange trainieren!

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