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„Bei Wechseljahren besteht durchaus Informationsbedarf“

Wir sprachen mit Lutz Schröter, praktizierender Gynäkologe und Beratungsarzt bei unserem Partner für medizinische Telefonberatung, Medical Contact, über Diagnose und Behandlung von Wechseljahresbeschwerden.

BKKiNFORM: Herr Schröter, Sie sind seit 40 Jahren als Gynäkologe tätig. Wie sieht es mit dem Wissensstand in der Bevölkerung beim Thema Wechseljahre aus? Ich habe bei der Recherche gelesen, dass es ausbaufähig ist.

Lutz Schröter: Ja, das ist auch meine Erfahrung. Betrachtet man das Thema Wechseljahre unter dem Aspekt der Aufklärung, der Bildung, besteht hier durchaus Verbesserungsbedarf. Teilweise auch beim medizinischen Personal. Das beginnt, um ein Bespiel zu nennen, bereits bei der Definition von Begriffen wie Wechseljahre, Klimakterium und Menopause, die immer wieder durcheinandergebracht werden. Selbst in Fachkreisen. Ich betone ausdrücklich, dass wir mit den Wechseljahren einen normalen biologischen Lebensabschnitt beschreiben wie in jungen Jahren mit der Pubertät.

Welche Themen interessieren Frauen, die in den Wechseljahren zu Ihnen kommen?

Lutz Schröter: In der telefonischen Beratung unterscheiden sich die Fragen in Anzahl und Inhalt von dem, was in der Praxis an Fragen gestellt wird. In der Telefonberatung habe ich es oft mit Frauen zu tun, die bereits in Behandlung sind oder sich selbst im Internet oder Freundeskreis über Wechseljahre informiert haben. Die Fragen sind dann meist recht konkret, etwa zu Nebenwirkungen von Medikamenten oder Risiken von bestimmten Behandlungsmethoden. Auch Osteoporose, Verhütung oder Libido-Verlust sind Themen, die angesprochen werden. In der Arztpraxis geht es oft erst einmal um allgemeine Anzeichen. Zu Anfang sind es häufig Blutungsstörungen, Schlafstörungen, eine unklare Gewichtserhöhung oder zunehmende „Dünnhäutigkeit“.

Ab wann empfiehlt sich ein Arztbesuch? Angenommen, eine Anruferin im Alter von ca. 45 Jahren berichtet von Schlafstörungen und Kopfschmerzen.

Lutz Schröter: Dann sollte sie auf jeden Fall einen Termin bei ihrem Hausarzt oder in der gynäkologischen Praxis vereinbaren. Häufig handelt es sich bei den ersten Wechseljahresanzeichen aber noch gar nicht um echte Beschwerden, sondern eher um Veränderungen. Wenn zum Beispiel die Kopfschmerzen, die bisher um die Periode herum auftraten, auf einmal intensiver werden als gewohnt, rate ich direkt zu einem Gespräch mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt.

Ist die Diagnose Wechseljahre einfach zu stellen?

Lutz Schröter: Es ist ein bunter Strauß an Anzeichen, die mit den Wechseljahren einhergehen können und auch wahrgenommen werden. Eine genaue Diagnose zu stellen ist daher gar nicht so einfach. Das gelingt am ehesten mit der Differentialdiagnostik, bei der man auch andere mögliche Ursachen oder Krankheitsbilder mit untersucht und im Ausschlussverfahren schließlich eine Diagnose stellt. Viele Frauen wünschen sich für die schnelle Diagnose eine Blutuntersuchung, um den „Hormonstatus“ festzustellen. Das macht aber in den seltensten Fällen Sinn, weil das immer eine Momentaufnahme darstellt. Das Hormonbild ändert sich aber, wie schon der Begriff Zyklus sagt, ständig. Gerade während der Wechseljahre (in der Regel zwischen dem 45. bis 55. Lebensjahr) sollte der regelmäßige Besuch beim Gynäkologen nicht unterbrochen werden. So sind Veränderungen und etwaige Beschwerden vom Frauenarzt besser einzuschätzen. Um mir ein möglichst umfassendes Bild zu machen, frage ich gerne nach, wie es denn mit den Wechseljahren bei der Mutter oder einer älteren Schwester war. Manchmal gibt es familiäre Ähnlichkeiten.

Sind die Beschwerden gut zu behandeln?

Lutz Schröter: Ja, die Behandlungsmöglichkeiten sind gut. Die Wirksamkeit von Hormonbehandlungen ist erwiesen, aber sie sind nicht immer notwendig bzw. möglich. Wichtig ist immer die persönliche Einstellung der Betroffenen zu den Wechseljahren und damit einhergehenden Veränderungen oder Beschwerden. Wie groß ist der persönliche Leidensdruck? Da gibt es natürlich individuelle Unterschiede, die ich als Arzt berücksichtigen muss. Und auch der Beruf spielt eine Rolle. Eine Lehrerin, die täglich mehrere Stunden Schulklassen unterrichtet, wird in dieser Zeit ähnlich wie eine Verkäuferin mit Kundenkontakt Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Konzentrationsstörungen oder Kopfschmerzen als besonders einschränkend und belastend empfinden.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schröter!

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